Und in bösen Tagen / Sie hat den Mann angezeigt, der sie vergewaltigt hat: ihren Mann. Er sitzt im Gefängnis. Sie versucht, gemeinsam mit ihm die Familie zusammenzuhalten. Die Kinder, sagt sie, brauchen doch einen Vater. / SZ Magazin, 2020

 

 

Als sich ihr Mann in Handschellen zum Ausgang des Gerichtssaals schiebt, suchen ihre Augen die seinen. Einen Augenblick bevor er verschwindet, schaut er sie an, direkt und ausdruckslos. Wieder einmal kann sie sein verquollenes Gesicht nicht ­lesen. Gelassen scheint er zu sein, er geht nicht zum ersten Mal ins Gefängnis. Vielleicht auch sediert von den Beruhigungsmitteln. Oder einfach nur kalt. Tanja Kowalski fängt den Blick mit nassen Augen auf, mit der rechten Handfläche wischt sie sich über Mund und Nase. Sie schnauft ein, ein Schmatzer. Zweieinhalb Jahre wird Jakub Kowalski, ihr Ehemann und Vergewaltiger, im Gefängnis verbringen.

Illustration: Jörg Hartmann